Antonin |
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Das
Theater, sein Theater, für das Artaud seit den Dreißiger Jahren, in der berühmten
Aufsatzsammlung Das Theater und sein Double", die Bezeichnung Theater der
Grausamkeit" verwendet, soll dieser Schmelztiegel aus Feuer und Fleisch"
die Anatomie zum Tanzen bringen, den Mythos nicht symbolisch, sondern physisch und
unverfälscht" darstellen: als die mythische Handlung, einen Körper zu
erschaffen". Theater ist für Artaud rituell und magisch - ein Fest, ein Akt der
Entgrenzung, der seinen Sinn in sich selbst trägt. Damit formuliert er im 20.Jahrhundert
die klarste Absage an das mimetische, psychologische Theater, das
Wirklichkeitnurvorspiegelt, repräsentiert, statt sie selbst zu sein. Es ist zugleich die
radikale Absage an ein Theater, das vorgegebene Texte umsetzt und damit sein Eigenes, das
Szenische, in den Dienst des Literarischen stellt. Autor und Regisseur sind bei Artaud
nicht länger zwei Personen. Es ist weiter die Absage an die Guckkastenbühne, die
Trennung zwischen Schauspieler und Zuschauer. Artaud schwebte ein spectacle
total" aus der Dynamisierung des Raumes, aus Bildern, Masken und nichtverbaler
Körpersprache vor - der genaue Gegenpol zu Brechts Konzeption des Verfremdungseffekts.
«Grausamkeit» meint dabei nicht vordergründig Blut, Mord, Gewalt, Grauen, sondern
überindividuelle Notwendigkeit und Unerbittlichkeit des Gezeigten. Kein Happening,
sondern die strenge Epiphanie des Heiligen, Göttlichen, das von Gott verdorben wurde.
Deshalb sind Zweifel angebracht, ob Artaud, wie unlängst in einer Studie behauptet wurde,
der Wegbereiter des postmodernen Theaters ist. Sicher, in Heiner Müllers wüsten Collagen
oder in Robert Wilsons weitgehend stummen Bilderreigen lassen sich Anregungen durch
Artaud, den bedeutendsten Theatertheoretiker des Jahrhunderts, nicht verleugnen. Das
Arme Theater" Jerzy Grotowskis, das Living Theater", Peter Brooks
interkulturelles Theater oder Ariane Mnouschkines Theatre du Soleil" sind ohne
Artaud nicht denkbar. Antonin Artaud wollte die Kunst von der Wiederholung befreien, sie
in die Reinheit einer absoluten Gegenwart führen. Doch wie Leben ohne Tod, ist Gegenwart
ohne Abwesenheit, Identität ohne Differenz nicht denkbar. Die Grenze, die er zu
überschreiten versuchte, ist in Wahrheit unerreichbar. Er selbst hat das möglicherweise
gewusst. Am 18.Juli 1947, 6 Monate vor seinem Tod am 4.März 1948, schreibt er: Ich
hätte Blut durch den Nabel scheißen müssen, um zu erreichen, was ich will". (Text
von: Bettina Schulte, Badische Zeitung 3.9.96 |
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Die Sprache brechen, um das Leben zu berühren. Schluß machen mit allen Gegensätzen.Kunst und Leben, Bewußtsein und Körper, Zeichen und Bezeichnetes nicht mehr unterscheiden. Unter der Grammatik Liegt das Denken Begraben.Den Körper zur Hieroglyphe machen, zum Schauplatz einer Artikulation vor den Wörtern: der Geste, des Atems, des Schreis, Die Nerven, die Haut die Knochen sprechen lassen. Sich selbst erzeugen, im (narzißtischen Wüten gegen alle genealogischen, sozialen, religiösen Zuschreibungen: Ich Antonin Artaud, ich bin mein Sohn/mein Vater, meine Mutter/und ich selbst". A. Aratud |
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Artaud
Texte. |
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...Das
Theater, das nicht in etwas Bestimmtem ist, sondern sich aller Sprachen bedient, Gesten,
Töne, Worte, Leidenschaften, Schreie, findet sich genau an dem Punkte wieder, wo der
Geist eine Sprache bedarf, um seine Äußerungen kundzutun. "...Wenn es überhaupt etwas Infernalisches, wirklich Verfluchtes in dieser Zeit gibt, so ist es das künstlerische Haften an Formen, statt zu sein wir Verurteilte, die man verbrennt und die von ihrem Scheiterhaufen herab Zeichen machen."
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